Die Behmann-Orgel der Pfarrkirche St. Martin in Dornbirn

 

An der Stelle mehrerer Vorgängerbauten entstand in den Jahren 1839 bis 1841 die katholische Pfarrkirche St. Martin, die 1845 von Remigius Haaser aus Immenstadt im Allgäu mit einer neuen Orgel (II/P/30) ausgestattet wurde. Das um 1860 von Alois Schönach aus Rankweil veränderte Instrument musste 1927 einem Neubau des bekannten Vorarlberger Meisters Josef Behmann weichen, dessen Familie durch zwei Generationen vor allem in Vorarlberg tätig war: »Technisch nach den allerneuesten Errungenschaften als rein elektrische Traktur für die Manuale und das Pedal, elektrischem Gebläse, pneumatischen Windladen, Oktav- und Melodie-Kopplungen und allen modernen sonstigen Spielbehelfen, ausgeführt, soll die Orgel auch tonlich durch die Aufnahme von neun Zungenstimmen und den reihenweisen Ausbau der Aliquot-Tonreihen mit dem gesättigten Vollklang und der Kraft der deutschen Orgel auch den brillanten Glanz und die Farbenpracht der französischen Orgeln verbinden und damit einmal jenen Typ einer Kirchen- und Konzertorgel präsentieren, wie er seit dem letzten Wiener Internationalen Musik-Kongreß angestrebt wird und vornehmlich der katholischen Kirchenmusik entspricht. Demzufolge weisen gerade die Schwellwerke eine sehr reichhaltige Besetzung mit Stimmen aller Klangfarben-Gattungen auf und verleihen der Orgel eine geradezu unbeschreiblich großartige Ausdrucksfähigkeit.«

Die 1927 fertiggestellte Orgel mit 67 Registern auf drei Manualen und Pedal bei elektropneumatischer Traktur erhielt 1928 noch fünf (heute nur mehr sehr selten anzutreffende) Hochdruckstimmen mit einem Winddruck von 200 mm WS.

Mit der Neugestaltung des Kircheninneren wurde 1964 auch die Frage nach der Erhaltungswürdigkeit des mittlerweile stark reparaturbedürftigen Instruments diskutiert. Aufgrund gegensätzlicher Gutachten kam man nach langen Überlegungen zum Entschluss, die Entscheidung über die Zukunft der Behmann-Orgel zu vertagen und dafür Orgelbaumeister Hans Karl aus Aichstetten im Allgäu mit dem Bau einer mechanischen Chororgel (1970, II/P/15) zu betrauen.

1984 stellte schließlich Prof. Dr. Hans Haselböck aus Wien eindeutig die Erhaltungswürdigkeit der großen Behmann-Orgel fest: »Die Orgel der Pfarrkirche Dornbirn wurde 1926 bis 1928 von Josef Behmann, Schwarzach, gebaut und besitzt 72 Register, verteilt auf drei Manuale und Pedal. Die Spieltraktur ist elektrisch, die Registertraktur pneumatisch. Erwähnenswert ist die außergewöhnlich breite, über 200 Pfeifen aufweisende Prospektfront. Von der künstlerischen Zielsetzung her ist die Orgel als einer der seltenen Belege der Elsässischen Orgelreform anzusprechen, wie sie von Albert Schweitzer und insbesondere von Emile Rupp um 1900 in Abkehr von der extrem grundtönigen Orgel des ausgehenden 19. Jahrhunderts in die Wege geleitet wurde. Dieses Orgelideal versuchte eine Vereinigung des barocken Klangideals Silbermanns mit orchestralen Registern der französischen Romantik und einem ausreichenden Bestand an Zungenstimmen. Ein solches Ideal konnte einigermaßen zufriedenstellend nur in größeren Orgeln verwirklicht werden, was - den damaligen orgelbaulichen Möglichkeiten entsprechend - die Anwendung der elektrischen Spieltraktur bedingte. Mit der Rückkehr zur klassischen Neobarockorgel fand man zwar in der Folgezeit einen ökonomischeren Weg, Orgeln zu bauen, dies freilich um den Preis des Verlustes vieler romantischer sowie impressionistischer Klangmöglichkeiten. Durch Kriegszerstörungen und durch vielfach übertriebene puristische Einstellung, die den Klang der Neobarockorgeln als Stilideal postulierte, gingen viele Orgeln der Elsässischen Reform in der Folgezeit verloren oder wurden klanglich so umgestaltet, daß sie ihre Eigenart einbüßten. Die Folge ist, daß Instrumente wie die Orgel von St. Martin heute überaus selten geworden sind und einen klanglichen Typus verkörpern, dem insbesondere die jungen Organisten ein großes Interesse entgegenbringen. Auf Grund der Bedeutung dieses Instrumententyps und im Hinblick auf die Qualität dieser Orgel [...] möchte ich aus Überzeugung raten, diese Orgel keinesfalls durch einen Neubau zu ersetzen, sondern in ihrer originalen Gestalt wiederherstellen zu lassen. Als Gründe führe ich hier kurz an: 1) Bemerkenswertes Instrument aus der Epoche der Elsässischen Orgelreform - von diesem Typ sind nicht viele Orgeln erhalten geblieben. 2) Einheitlich in seiner ganzen künstlerischen Konzeption (Prospektgestaltung, Disposition, Spieltischanlage u.a.). 3) Die Orgel ist unverändert erhalten. 4) In der Kirche ist eine zweite, stilistisch anders angelegte Orgel (Schleifladen, mechanische Spiel- und Registertraktur) vorhanden. 5) Immerhin die größte Orgel Vorarlbergs [...] «.

Der Auftrag für die Restaurierung wurde an die Schweizer Orgelbaufirma Kuhn in Männedorf vergeben, die die Wiederherstellung 1986 vollendete.

© Günter Lade (gekürzte Fassung des Booklet-Textes)

Disposition

 

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Dornbirn, St. Martin         Fotos: © Günter Lade

 

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