Die Rieger-Orgel (1976) der Pfarrkirche
St. Augustin in Wien
Die Wiener
Augustinerkirche, 1349 geweiht und in späterer Zeit mehrmals
erweitert, wurde 1634 von Ferdinand II. zur Hofpfarrkirche und
somit zum geistlichen Zentrum der habsburgischen Geschichte erhoben.
Durch drei Jahrhunderte fanden hier die Taufen, Hochzeiten, Aufbahrungen
sowie Totenmessen der Kaiser und ihrer Familien statt (deren Herzen
noch heute in einer Seitenkapelle aufbewahrt werden) und es verwundert
deshalb nicht, daß St. Augustin als eine der traditionsreichsten
Kirchen Wiens zu allen Zeiten auch eine herausragende Stätte
der Orgel- und Musikpflege war.
1583 baute
Caspar Sturm aus Ulm die erste nachweisbare Orgel, zu der sich
1691 ein weiteres Instrument des Wiener Meisters Ulrich Römer
gesellte. In der Mitte des 18. Jahrhunderts gab es in der Augustinerkirche
vier Orgeln, die auf Seitenemporen sowie im Chorraum installiert
waren.
1784 ließ
Joseph II. durch den Architekten Ferdinand Hohenberg von Hetzendorf
allen in der Barockzeit angehäuften Überfluß der
Innenausstattung entfernen und die Kirche in schlichter Sachlichkeit
regotisieren. In diesem Jahr entstand auch die bis heute erhaltene
Westempore, für die die Orgel (II/P/24) der Schwarzspanierkirche
des aufgehobenen Wiener Benediktinerklosters Maria von Monte Serrato
erworben werden konnte. Das ursprünglich um 1730 von Johann
Hencke erbaute Instrument wurde vermutlich durch Johann Wimola
übertragen, der die beiden Gehäuseflügel zu einem
einteiligen Prospekt verband, mit neugotischen Stilelementen versah
und anstelle der ursprünglich resedagrünen Farbe weiß
fassen ließ. Das alte Rückpositiv kam dabei nicht in
der Brüstung, sondern auf der Empore vor dem freistehenden
Spieltisch zu stehen.
1820 nahm
Jacob Deutschmann einen Umbau der Hencke-Orgel vor, die knapp
einhundert Jahre später im Ersten Weltkrieg ihrer Prospektpfeifen
beraubt und 1945 bei Luftangriffen schwer in Mitleidenschaft gezogen
wurde. 1953 lagerte man den Spieltisch, die alten Windladen sowie
alle Reste des Pfeifenwerks ein und stellte auf der Westempore
eine 1956 aus Privatbesitz erworbene Hausorgel (II/P/14) mit elektropneumatischer
Traktur auf, die nun zum Gottesdienst erklang. Im Jahre 1974 erfolgte
schließlich die Wiederherstellung und geringfügige
Erweiterung des wertvollen historischen Prospekts, der seit 1976
eine Orgel der Firma Rieger aus Schwarzach in Vorarlberg beherbergt.
Eine Trakturführung in alter Manier sowie zwei Solowerke
im Orgelfuß zählen zu den wichtigsten Besonderheiten
des neuen Instruments, das über 47 Register auf vier Manualen
und Pedal bei gleichschwebender Stimmung verfügt.