Die Rieger-Orgel (1968)
der St. Jakobskirche Rothenburg ob der Tauber

 

Als bei der letzten großen Restaurierung von St. Jakob die alte Steinmeyer-Orgel, die über drei Manuale und 50 Register verfügte, abgebrochen und der berühmte Tilman Riemenschneider-Altar in den Westchor, die Heilig-Blut-Kapelle, zurückversetzt wurde, mußte eine Orgel geschaffen werden, die nicht nur den gewaltigen Kirchenraum mit ihrem Klang füllen, sondern als Begleitinstrument auch für die im Westchor stattfindenden Gottesdienste nutzbar sein sollte. Dipl.-Ing. Josef von Glatter-Götz, der damalige Inhaber der österreichischen Orgelbaufirma Rieger in Schwarzach (Vorarlberg), verwirklichte schließlich eine einmalige Konzeption, indem er nach einem Entwurf von Johannes Ludwig ein frei im Raum stehendes Instrument mit zwei Gesichtern schuf: Beschallt die Orgel in ihrer Gesamtheit das weite gotische Kirchenschiff, so können in der Heilig-Blut-Kapelle ihr Schwell- und Brustwerk sowie ein eigenständiges Pedal von einem separaten Spieltisch aus bedient werden. Hauptwerk, Rückpositiv und Brustwerk folgen klanglich dem Typ der norddeutschen Orgel, der hier um einige für die Sechzigerjahre typische Farbregister wie Glechter oder Buntzimbel ergänzt ist. Die Disposition des Schwellwerks orientiert sich dagegen an der romantischen Orgel Frankreichs, was im Erbauungsjahr noch weitgehend unüblich war.Das vom Experten Friedrich Högner und Josef von Glatter-Götz disponierte sowie von Winfried Albiez mensurierte und intonierte Instrument besticht durch eine reiche Palette an Farben und durch einen charaktervollen und frischen Klang, den man in späterer Zeit noch mit einem Cimbelstern und Glockenspiel bereicherte.

© Ulrich Knörr (Auszug aus dem CD-Booklet)