»Dieses
Buch ist eine Augenweide. Kaum eine andere europäische Hauptstadt
dürfte mehr historische Orgeln in ihren Kirchen beherbergen als
die österreichische. Und nicht einmal Paris, das man in Orgeldingen
ruhig »la capitale du monde« nennen darf, hat einen derartig
reichen Schatz an nahezu unveränderten Orgeln aus der Barockzeit
aufzuweisen wie Wien. Günter Lade stellt Wiens Orgeln in nüchtern
dokumentarischer, darum höchst substanzieller und überaus
attraktiver Weise vor. Auf eine knapp formulierte "Wiener Orgelgeschichte
im Überblick" folgen 77 informative Einzeldarstellungen der
interessantesten und wertvollsten Wiener Orgeln, angefangen von der
1642 von Hans Wökherl erbauten und heute arg restaurierungsbedürftigen
Chororgel der Franziskanerkirche.
Die barocke Orgelszene Wiens ist besonders
interessant. Sie bietet nicht nur manches kunsthistorische Unikum, so
den wohl ältesten Orgelprospekt in gotisierenden Formen, den der
Architekt Ferdinand Hohenberg von Hetzendorf 1784 für die Orgel
der Minoritenkirche Maria Schnee entwarf Auch konstruktive Eigenbröteleien
hat die Wiener Orgellandschaft zu bieten, so in St. Michael ein in den
Spieltisch der 1714 erstellten Orgel auf engstem Raum eingebautes Continuo-Positiv.
Hochinteressant ist auch die Wiener
Orgelgeschichte des 19. Jahrhunderts, nicht nur weil Carl Friedrich
Buckow mit der Orgel der Piaristenkirche Maria Treu 1848 ein für
den romantischen Orgelbau beispielgebendes Kolossalinstrument schuf
und ein Orgelbauer von internationalem Rang wie Eberhard Friedrich Walcker
aus Ludwigsburg 1887 in der Votivkirche ein Instrument symphonischen
Stils baute. Aufregend ist der Wiener Orgelbau jener Epoche auch deshalb,
weil sich hier deutsche, französische, böhmische Einflüsse
mit italienischen kreuzen: Die 1848 von Carl Hesse aus Triest erbaute
Orgel der Gustav-Adolf-Kirche ist eine Mischung des dunkeltönenden
deutsch-romantischen und des sehr traditionsverhafteten klassisch-italienischen
Orgeltyps mit vielen lichten Mixturklängen.
Lade vergisst nicht, den Orgelbau der
1920er und 1930er Jahre zu würdigen und beispielhafte Instrumente
zu zeigen.
Bemerkenswerte Wiener Orgeln aus jüngster
Zeit sind ebenfalls reichhaltig präsentiert: Neben konventionellen
Stilkopien pseudobarocken Charakters findet sich darunter eine Reihe
von klanglich und architektonisch sehr ausgefallenen Orgeln aus den
letzten Jahren.
Von grossartiger Fülle ist das
Bildmaterial. Namentlich die denkmalwürdigen Orgeln sind aus- und
inwendig fotografiert, eine besondere Sehenswürdigkeit sind die
vielen schönen Spieltische. Auch fehlen nicht Aufnahmen, die frühere
Zustände der Instrumente oder konservatorische Befunde während
der Restaurierungsarbeiten zeigen. So ist diese Dokumentation nicht
zuletzt ein attraktives Bilder- und sogar eine Art orgelmusikalisches
Reisebuch, das nach Wien lockt.«
Holger Brülls
(Juni-Magazin für Kultur & Politik, 1991/2-3)
»Prägnante
Biographien der einzelnen Orgeln, vollständige Dispositionsangaben,
ausgezeichnete schwarz-weiß Fotos der Orgelprospekte und Spieltischanlagen,
Discographie, Bibliographie, Kurzbeschreibung der Kirchen bzw. Konzertsäle,
topographische Karten und eine kurze zusammenfassende Einführung
in die Wiener Orgelgeschichte zeichnen diese Publikation aus. Besonders
angenehm erscheint die völlig wertfreie Darstellung der Orgelszene
in Wien, wobei auch weniger signifikante, aber eben typische Instrumente
vorgestellt werden. Hierdurch erreicht diese Publikation einen hohen
aktuellen, wie auch zeitlosen Wert ... «
Manfred Schwartz
(Musik und Kirche, 1991/5)
»Der
Ruhm Wiens als Musikstadt schlechthin ist seit langem unumstritten,
während der Rang der Donaumetropole als Orgelstadt im Bewusstsein
der Orgelwelt ein wenig im Schatten dieser allgemeinmusikalischen Bedeutung
steht. Die jüngste Orgeltagung bot wieder einmal Gelegenheit, die
reiche Geschichte und Gegenwart von Orgelbau, Orgelkomposition und Orgelspiel
in Wien angemessen zu würdigen, und rechtzeitig zu dieser Gelegenheit
ist ein Kompendium erschienen, dessen Hauptteil von 77 Monographien
bestehender Wiener Orgeln gebildet wird. Jedes Instrument ist mit knappen
Angaben zur Baugeschichte von Kirche und Orgel, zu "Spiel- und Windsystem",
mit Disposition, Biblio- und Discographie beschrieben. Dazu treten je
ein Bild von Prospekt und Spieltisch, oft auch von anderen Details,
nicht selten daneben noch historische Abbildungen. Bedeutende Orgeln
des 17. (Klosterneuburg und Franziskanerkirche) und 19. Jahrhunderts
(Piaristen- und Votivkirche) werden ebenso vorgestellt wie Instrumente
verschiedenster Stile und Größenordnungen aus unserem Saeculum.
Über manche Beispiele aus jüngster Zeit werden die Auffassungen
der Betrachter auseinander gehen, und so bietet der Band auch reichlich
Stoff für die im Orgelwesen so beliebten heißen Diskussionen
um Geschmacksfragen. Die Angaben sind in wünschenswerter Klarheit
und Deutlichkeit mitgeteilt, was keine Selbstverständlichkeit und
deshalb ausdrücklich zu loben ist. Wer es nun ganz genau wissen
will, der wird natürlich noch das eine oder andere vermissen, so
etwa die Namen der Verantwortlichen für Dispositionen und Prospektgestaltungen.
Eine "Wiener Orgelgeschichte im Überblick" lässt die
übergreifenden historischen Zusammenhänge deutlich werden,
wobei auch den Aspekten der organistischen und musikalischen Praxis
breiter Raum gegeben ist - ebenfalls im organologischen Schrifttum leider
keine Selbstverständlichkeit und deshalb ausdrücklich zu loben.
... Quellen- und Literaturhinweise, Register und Lageskizzen machen
das Buch für Wien zu einem gediegenen Nachschlagewerk und Reiseführer,
was ja für manche andere wichtige Orgelstadt immer noch schmerzlich
vermißt werden muss.
Hermann J. Busch
(Ars Organi, 1990/4)
»In
der musikalischen Fachsprache gibt es das merkwürdige Kompositum
»Orgellandschaft«. Das Wort bringt sinnig ein Geflecht von
Zusammenhängen auf den Begriff: Orgeln tragen immer das kulturelle
und historische Gepräge des Orts, an dem sie stehen, wie sie umgekehrt
diesen Ort musikalisch und architektonisch bestimmen und Zeugen seiner
Geschichte sind. Für die Orgellandschaft Wien gab es bislang eine
Fülle kleiner topographischer Untersuchungen und Einzelstudien,
verstreut in kirchenmusikalischen Zeitschriften, in Heimatblättern
und Broschüren. Was fehlte, war ein Stadtatlas, der das Terrain
kartographisch erschließt. Günter Lade, Orgelkundler mit
Leib und Seele, hat diese Lücke nun geschlossen. Im Selbstverlag
hat der engagierte Musikwissenschaftler ein Buch mit dem Titel »Orgeln
in Wien« herausgebracht.
Der reich ausgestattete Band erfüllt
die Kriterien eines praktikablen, zuverlässigen Handbuches: Nach
einem historischen Überblick bietet er 77 Detailstudien, die die
wichtigsten Informationen über die einzelnen Instrumente zusammentragen.
Vom Stephansdom bis zur Evangelischen Kirche in Gumpendorf, vom Goldenen
Saal des Musikvereins bis zur Schlosskapelle Schönbrunn erfasst
Lade alle markanten Plätze der Stadt, an denen die »Königin
der Instrumente« vertreten ist und erschließt somit ein
wichtiges Stück Wiener Kulturtopographie.«
»ber«
(Wiener Journal, April 1991)
»Günter
Lade hat mit dem Band akribische Arbeit geleistet und ist dennoch nicht
der Versuchung erlegen, den Leser in einen alle Bäume verstellenden
Urwald zu entführen. Klar und übersichtlich gegliedert sind
die Einzeldarstellungen, fast jeder Orgel ist ein ganzseitiges Bild
gewidmet, mitunter ergänzt durch Detailaufnahmen ... Das Wiener-Orgelbuch
ist eine erfreuliche und bereichernde Erweiterung von lokalen Orgel-Anthologien,
lesbar für jedermann, der Freude an der Königin der Instrumente
hat«
Michael Maier
( Kärntner Kirchenzeitung, 48 Jg./Nr. 4)
»Dass
die Stadt Wien nicht nur erstrangige Baudenkmäler, Sachertorte
und Heurigen zu bieten hat, sondern auch als Orgellandschaft eine Reise
wert ist, zeigt eindrücklich die Publikation von Günter Lade.
Die Orgelgeschichte der Stadt Wien lässt sich bis ins Mittelalter
zurückverfolgen. Anschaulich zeigt Lade im ersten Kapitel die Entwicklung
der Orgelkunst in Wien bis zur Gegenwart. Besonders zu schätzen
sind die zahlreichen Hinweise auf die jeweiligen Zeitumstände (Gegenreformation,
Kriege, Pest, Aufklärung u.a.m.), welche den Orgelbau oft maßgeblich
gefördert bzw. gehemmt haben. In der Zeit, wo der Orgelbau am stärksten
landschaftlich geprägt wurde, d.h. etwa vom Barock bis in die erste
Hälfte des 19. Jahrhunderts, stand die Wiener Orgel in ihrer Konzeption
zwischen den bis viermanualigen Werken des protestantischen Nordens
und den einmanualigen Orgeln Italiens. Sie hatte meist zwei Manuale,
Hauptwerk und Rückpositiv. Oft wurden Hauptwerk und Pedal auf einer
Seite des Westfensters aufgestellt. Ein besonderes Charakteristikum
waren die Tonumfänge. Im Manual erstreckte sich die Klaviatur von
C bis c', ab etwa 1780 bis d'. Bis anfangs des 19. Jahrhunderts baute
man die Bassoktave "kurz", d. h. ohne die Töne C#, D#,
F# und G#, bisweilen "gebrochen", wobei die ersten zwei Obertasten
unterteilt wurden, so dass die vordere Hälfte die Töne D bzw.
E. die hintere Hälfte dagegen die "normalen" Töne
F# bzw. G# regierte. Die Pedale hatten in der Regel 18 Tasten und erstreckten
sich im 17. Jahrhundert von C bis a'. ebenfalls mit kurzer Bassoktave.
Im 18. Jahrhundert, wo das Pedal ausschließlich Bassfunktion hatte,
wurde eigenartigerweise die Anzahl der Pedaltöne verringert, nicht
jedoch die Anzahl der Tasten. Es entstanden die repetierenden Pedale
mit 12 Tönen auf 18 Tasten, nämlich C, F, D, G, E, A, B, H,
C, C#, D, D#, E, F, F#, G, G#, A (erste Oktave C-H kurz, dann auf den
Tasten c'-a° die Töne C-A chromatisch). Noch 1881 wurde diese
Einrichtung der Pedalklaviatur in einem Unterrichtswerk als die "einzig
zweckmäßige und richtige" bezeichnet! Mit der gegen
Ende des 19. Jahrhunderts wieder zunehmenden Vereinheitlichung des Orgelhaus
innerhalb größerer Gebiete erhielt aber auch Wien zunehmend
Orgeln mit voll ausgebauten Manualen und Pedalen: anstelle der "Liturgieorgel"
entstanden allmählich vielseitigere Instrumente. Die weitere Entwicklung
verlief dann ähnlich wie im übrigen deutschsprachigen Raum,
mit Kegelladen, Grundstimmen, Pneumatik, Elsässer Orgelreform,
Orgelbewegung, Jetztzeit.
An den Überblick der Wiener Orgelgeschichte
schließen sich Einzeldarstellungen von 77 ausgewählten Wiener
Orgeln. Nach einigen Bemerkungen zum Raum folgt für jedes Instrument
eine Beschreibung von Prospekt, Spieltisch, Traktur, Windladen und Windversorgung
sowie ein Abriss der Geschichte und die Disposition(en) des Instruments
und seiner Vorgänger. Eine Bibliographie und ggf. Discographie
vervollständigen die Übersicht. Mit Absicht hält sich
Lade an einen sehr sachlichen Stil und überlässt die Wertung
des Dargestellten tunlichst der Leserschaft. Besonders wertvoll sind
die zahlreichen Abbildungen nicht nur des Prospekts, sondern bei vielen
Instrumenten auch weiterer Details wie Spielanlage, Traktur oder Pfeifenwerk.
Soweit wie möglich werden auch früher bestehende Orgeln abgebildet,
so z. B. die 1945 zerstörten Instrumente im Stephansdom. Dass bei
diesen älteren Fotografien die Qualität manchmal etwas weniger
hoch ist, stört nicht, hingegen wäre es wohl besser gewesen.
die jeweilige Legende gleich neben die entsprechende Abbildung zu setzen.
Bedenklich, wenn auch nicht unüblich, ist die Tatsache, dass der
Autor in einigen Fällen auch bei noch bestehenden Instrumenten
auf ältere Fotos zurückgreifen musste, da ihm mangelndes Entgegenkommen
der verantwortlichen Pfarrer und Institutionen eigene Aufnahmen verunmöglichte.
Den erstaunlichen Reichtum Wiens an
historischen Orgeln möge folgende Übersicht verdeutlichen:
von den 77 dargestellten Instrumenten entstanden 2 vor 1700, 5 wurden
zwischen 1701 und 1750 erbaut, 4 in der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts. 6 zwischen 1801 und 1850, 19 in der Epoche von 1851 bis
1920, 4 Instrumente entstanden zwischen 1921 und 1950 und 37 seit 1951
(die Zuteilung einzelner Instrumente zu einer bestimmten Epoche ist
natürlich nicht immer eindeutig, weshalb diese Zahlen nur als Näherungen
zu verstehen sind). In 57 Gehäusen steht noch das ursprüngliche
Instrument. Bemerkenswert vielleicht auch die Tatsache, dass von den
9 erhaltenen Instrumenten des 18. Jahrhunderts nicht weniger als fünf
bereits einen freistehenden Spieltisch haben.
Die Einteilung der Einzeldarstellungen
ist chronologisch nach der Bauzeit der Gehäuse. Ein alphabetisches
Register und das Inhaltsverzeichnis lassen jedes Instrument leicht auffinden,
dem Suchen "vor Ort" dienen zwei Stadtpläne mit eingezeichneten
Standorten. Literaturverzeichnis und Namensregister runden die Publikation
ab, deren Anschaffung allen empfohlen werden kann, die sich einen gründlichen
Überblick über die Wiener Orgellandschaft verschaffen wollen.
Hans-Rudolf Binz (Musik
und Gottesdienst 1991/4)
»Dieses
Buch muss weder ausführlich beschrieben noch besonders empfohlen
werden. Der Prachtband gehört in die Bibliothek eines jeden Orgelfreundes,
er ist ein Dokument!«
W. van Spronsen (De Orgelvriend,
1990/12)