Das vorliegende
Programm bringt mit Kompositionen von Louis Vierne und Marcel Dupré
zwei Meisterwerke der französisch-symphonischen Orgelkunst zu Gehör,
in denen erstmals auf CD die faszinierenden dynamischen Möglichkeiten
der mit Einbau ihres Schwellwerks 2006 vollendeten Görlitzer Sonnenorgel
präsentiert werden. Sie umrahmen Präludium und Fuge in D-Dur
von Johann Sebastian Bach als Beispiel des barocken Orgelrepertoires
sowie das galant-virtuose Stück »Thema mit Variationen A-Dur«
von Johann Gottlob Schneider, das einst speziell für die Görlitzer
Sonnenorgel komponiert und nun nach den originalen Registrieranweisungen
zum ersten Mal im authentischen Klang eingespielt wurde.
»Thema mit
Variationen A-Dur« wurden lange Zeit fälschlicherweise dem
Bach-Schüler Johann Schneider (1702-1788) zugeschrieben. Das galante,
konzertant-virtuose Werk, das u.a. mit häufigen Passagen für
Doppelpedal, mit schnellen Tongirlanden (auch im Pedal) sowie zahlreichen
Manualwechseln große spieltechnische Anforderungen an seinen Interpreten
stellt, stammt jedoch von JOHANN GOTTLOB SCHNEIDER (1789-1864) aus Alt-Gersdorf
bei Zittau, der - vom Vater in Klavier und Orgel sowie Violine, Viola,
Oboe, Klarinette, Fagott, Horn, Trompete und Posaune ausgebildet - 1811
zum Gesangslehrer der Ratsfreischule sowie zum Organisten der Leipziger
Universitätskirche (Paulinerkirche) berufen wurde.
1812 unternahm Schneider
eine Reise in seine Heimat und besuchte bei dieser Gelegenheit auch
die Görlitzer Sonnenorgel, deren Organist gerade in den Ruhestand
getreten war. Sein Orgelspiel erregte hier so großes Aufsehen,
dass man ihn drängte, sich um die vakante Stelle zu bewerben. Nach
dem Probespiel wurde er einstimmig zum Organisten ernannt, welches Amt
er im Juli 1812 antrat. 1825 bewarb er sich um die Organistenstelle
der Evangelischen Hofkirche (Sophienkirche), die er vor dreißig
Mitbewerbern erhielt und bis zu seinem Tod innehatte.
Als Organist war
Johann Gottlob Schneider einer der gefragtesten Lehrer seiner Zeit.
Organisten des In- und Auslands kamen nach Dresden, um den glänzenden
Improvisator zu hören, bei ihm Unterricht zu erhalten und die musikalische
Ausbildung abzurunden. Auch Mendelssohn-Bartholdy zählte zu seinen
Zuhörern und Bewunderern und empfahl den Orgelschülern des
Leipziger Konservatoriums die Weiterbildung bei Schneider, der auch
mit Robert Schumann freundschaftlich verbunden war und ihm in Fragen
von Orgelspiel und Orgelkomposition beratend zur Seite stand.
Als Komponist hinterließ
Schneider nur wenige Werke wie u.a. zwei Phantasien und Fugen in c-Moll
(opus 1) bzw. d-Moll (opus 3), ein »Evangelisches Kirchenpräludienbuch«
(opus 8) sowie »Thema mit Variationen A-Dur für Orgel mit
3 Klavieren [und Pedal]«, das nicht als Autograph, aber als Abschrift
erhalten blieb. Das im Besitz der Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz
in Berlin befindliche Manuskript Nr. 20089/2 ist sorgfältig geschrieben
und weist interessanterweise in einer anderen Handschrift als der Notentext
präzise Registrieranweisungen auf. Ihr Urheber ist unbekannt, doch
handelt es sich eindeutig um Registrierungen für die Görlitzer
Sonnenorgel, die nur an diesem Instrument mit seinen ganz spezifischen
Eigenheiten kompromisslos realisierbar sind und die Sonnenorgel mit
all ihren Vorzügen und Effekten eindrucksvoll präsentieren.