Die historische Rieger/Jägerndorf-Orgel (1895) der Dominikanerkirche in Wien

 

Die Wiener Dominikanerkirche wurde nach Vorgängerbauten in den Jahren 1631-1634 errichtet. Um etwa 1750 erstellte ein nicht bekannter Meister auf der Westempore der durch Malerei und Freskenschmuck reich ausgestalteten Kirche eine (sicherlich zweimanualige) Orgel, deren Gehäuse erhalten ist. Ihre mangelnde Funktionssicherheit gab aber das ganze 19. Jahrhundert hindurch archivalischen Nachrichten zufolge immer wieder Anlaß zur Sorge. 1895 wurde es durch die Munifizenz eines Sponsors möglich, in das barocke Gehäuse ein neues Instrument einzubauen. Die Firma Rieger aus Jägerndorf/Österreichisch-Schlesien errichtete ein dreimanualiges Werk mit mechanischen Kegelladen und 36 Registern. Um dem nunmehr größer gewordenen Platzbedarf entsprechen zu können, wurden die größten Pfeifenfelder der beiden vormals freistehenden Hauptkästen verlängert und durch einen stilistisch gut nachempfundenen Mittelteil verbunden. Das Brüstungspositiv blieb nur als Kulisse bestehen, da darin eine Windlade nach dem Kegelladensystem keinen Platz gehabt hätte.

Obgleich die Disposition dieses romantischen Orgelwerkes fühlbare Beschränkungen aufweist (kein einzeln registrierbarer 2' oder eine sonstige Aliquotstimme), muß man dem Gesamtklang doch bedeutende Klarheit auch im polyphonen Spiel bescheinigen. Vor allem sind es die klassischen, terzlosen Quintmixturen - in dieser Zeit keineswegs eine Selbstverständlichkeit -, die die nötige Deutlichkeit im musikalischen Geschehen gewährleisten. Die Orgel besitzt eine Barkermechanik im Hauptmanual. Die damit verbundenen Spielgeräusche lassen es dem sensiblen Spieler ratsam erscheinen, auf diesem Manual eher Ensembleregistrierungen zu verwenden, Einzelregister dagegen, wenn es musikalisch möglich ist, eher auf den Nebenwerken einzusetzen.

Im Mozartjahr 1991 konnte die Orgel dank einer umfassenden Sponsorentätigkeit (vornehmlich durch DI Gustav Freundl und Dr. Christian Konrad von der Raiffeisen-Organisation, aber auch durch die Printmedien Kronenzeitung und Kurier) umfassend restauriert werden. Dabei wurde durch die Orgelbauanstalt Schuke/Berlin der im Ersten Weltkrieg verloren gegangene Prospekt wieder in Zinn angefertigt. Geringfügige Änderungen in der Disposition konnten auf den originalen Zustand zurückgeführt werden, und das Brüstungspositiv erhielt wieder ein klingendes Werk. Im Schwellwerk war Platz für eine kleine Ergänzungslade, auf der einige im Klangbestand vermißte Aliquotstimmen disponiert werden konnten.

© Dr. Hans Haselböck (Auszug aus dem CD-Booklet)

Disposition

 

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Fotos: © Günter Lade

 

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