Edition Lade   -   EL CD 030


Bach's Memento

Orgelwerke von Johann Sebastian Bach in romantischen Bearbeitungen

 

Edition Lade - EL CD  030 - Orgel Dornbirn

Johannes Geffert

Die Orgel

 

 

 


 

Johannes Geffert
an der historischen Behmann-Orgel (1927/28) von St. Martin in Dornbirn (Österreich)

1 CD   -   DDD   -   Spielzeit: 72' 53
Booklet: deutsch / französisch / englisch   -   20 Seiten   -   6 Abbildungen
€ 18,90

 

Nach Riemanns Musiklexikon gilt als Bearbeitung die Komposition, die als Neugestaltung eines Vorgegebenen entstand, ohne die Vorlage als überholt abzuwerten. Kompositionen, denen ein Thema, ein Lied, ein Choral zugrunde liegt, gehören zu den Bearbeitungen ebenso wie eigene und fremde Werke oder Sätze, die für andere, neue Zwecke dienstbar gemacht werden. Je nach Zeit und Stil, je nach Mode und Geschmack entstanden so als musikalische Bearbeitungen auch Transkriptionen oder Arrangements (= Umschriften oder Einrichtungen für andere Besetzungen oder Instrumente).

Viele Gründe sprechen für solche Bearbeitungen: für den Bearbeiter ist es die Liebe zu einem bestimmten Werk oder zu einem Komponisten, auch eine davon ausgehende Anregung zu anderer klanglicher Version, ein Sich-Messen am Original, der Wunsch des besseren Bekanntwerdens einer Komposition, schließlich die Verfolgung pädagogischer Zwecke; für den Interpreten ist es eine Bereicherung der Literatur, ein technischer Anreiz, eine Herausforderung seines Spieltriebs, die Freude an der Gestaltungsmöglichkeit in unüblichen Bahnen.

Finden sich in der Reihe der Bearbeiter auch illustre Namen wie Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel, so hat doch die große Zeit solcher Bearbeitungen für Orgel erst im 19. Jahrhundert begonnen und bis etwa 1925 gedauert. Erinnert sei hier vor allem an Franz Liszt und Max Reger. Nicht verschwiegen werden soll, daß es auch „erschröckliche“ Ergebnisse von Bearbeitungen für die Orgel gibt. Kenner und Könner wie Alexandre Guilmant, Charles-Marie Widor oder William Thomas Best rechtfertigen indes zur Genüge solches Tun.

Eine der mir eindrücklichsten Bach-Interpretationen hörte ich auf einer alten Langspielplatte: Louis Vierne an der Cavaillé-Coll-Orgel zu Notre-Dame in Paris. Welche Größe und Tiefe offenbaren sich in den wenigen Takten des kleinen e-Moll Präludiums! Als ideale Bach-Interpretation gilt für vie le auch das schnörkellose, analytische Spiel Glenn Goulds oder Pablo Casals Aufnahme der Cellosuiten. Zwischen diesen Interpreten scheinen Welten zu liegen, und doch beweist sich gerade darin auch das Gemeinsame: Das Verständnis von authentischer Interpretation ändert sich entsprechend dem Zeitgeschmack und dem Stand der musikwissenschaftlichen Forschung, doch wird eine große, überdauernde Interpretation stets mehr als das rein korrekte Ausführen des Notentextes nach neuen Erkenntnissen sein! Wer wüßte das nicht besser als Organistinnen und Orgelspieler, finden wir uns doch auf jeder Kirchenempore, in jedem Konzertsaal immer wieder vor einem ganz anderen Typ Orgel wieder, was stets eine den jeweiligen Gegebenheiten angepaßte Wiedergabe erforderlich macht. So komme ich also vom Urtext der neuen Bach-Ausgabe und einem Konzert an einer Silbermann-Orgel zu diesem betörend schönen Klang der symphonischen Behmann-Orgel in Dornbirn. Als Musiker kann ich mir keine spannendere Abwechslung vorstellen!

Mit der Distanz einiger Generationen können wir uns hier einen neuen Blick auf die Bach-Verehrung und Bach-Verarbeitung unserer Lehrmeister erlauben. Keine ’Verirrungen’, sondern ein Stück lebendige Musikgeschichte, deren Höhepunkte es zu bewahren gilt.

Widors Orgelzyklus »Bachs Memento« entstand 1925, also viele Jahre nach der Komposition seiner großen Orgelsinfonien. Die Bachverehrung Widors beschränkt sich keineswegs auf gute Kenntnis und Einführung von Bachs Orgelwerken in den Unterricht des Pariser Konservatoriums. Man kann hier durchaus von einer tiefen geistigen Durchdringung sprechen, welche durch die freundschaftliche Begegnung mit dem Theologen, Organisten und Wissenschaftler Albert Schweitzer weiter inspiriert wurde und fast schon mystische Züge annahm. Der Titel Memento bezeichnet sicherlich nicht nur erinnernde Huldigung, und keiner der sechs Sätze beschränkt sich auf das schlichte Arrangement des Notentextes für die Orgel. Vielmehr demonstriert Widor durch zum Teil erhebliche Eingriffe in die Originalvorlage gewissermaßen eine Weiterentwicklung, einen lebendigen Bach aus dem Geist des 19. Jahrhunderts, aber auch ein sehr persönliches Bekenntnis zu diesem seinem Vorgänger. In seinen Bearbeitungen entsteht ein Orchestersatz, eine ausgefüllte Instrumentation, stimmungsvolles Nachspüren und differenziertes Verästeln von Stimmführungen. Mit der Auswahl von sechs Sätzen bezieht Widor sich auf die jeweils sechsteiligen Bachschen Zyklen, die Wahl der Titel und Tonarten stellt sie in einen sakralen Kontext und läßt insgesamt an eine Totenmesse denken.

Johannes Geffert (Auszug aus dem CD-Booklet)

 


P r o g r a m m

 
01
Félix-Alexandre Guilmant (1837-1911)
Sinfonia
Konzertsatz aus der Kantate BWV 29, »Wir danken dir, Gott, wir danken dir«

4' 37
2-7
Charles-Marie Widor (1844-1937)

Bachs Memento


N°. 1: Pastorale
Dritter Satz aus der Pastorale für Orgel, BWV 590  3' 17

N°. 2: Miserere mei domine
Präludium d-Moll, BWV 851, aus dem Wohltemperierten Klavier I  5' 23

N°. 3: Aria
Präludium e-Moll, BWV 855, aus dem Wohltemperierten Klavier I  3' 59

N°. 4: Marche du veilleur de nuit
Choralbearbeitung aus der Kantate BWV 140, »Wachet auf, ruft uns die Stimme«  4' 08

N°. 5: Sicilienne
Zweiter Satz aus der Sonate für Flöte und Cembalo Es-Dur, BWV 1031  3' 03

N°. 6: Mattheus-Final
Schlußchor aus der Matthäus-Passion, BWV 244  6' 49
08
William Thomas Best (1826-1897)
Adagio und Fuge C-Dur
Erster und zweiter Satz aus der Sonate Nr. 3 C-Dur für Violine solo, BWV 1005
13' 09
09
Edward Power Biggs (1906-1977)
Schafe können sicher weiden
Arie aus der Kantate BWV 208, »Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd!«
5' 03
10
Sigfrid Karg-Elert (1877-1933)
Air
Zweiter Satz aus der Suite für Orchester D-Dur, BWV 1068
5' 41

11
Arno Landmann (1887-1966)
Chaconne d-Moll
Fünfter Satz aus der Partita Nr. 2 d-Moll für Violine solo, BWV 1004
15' 56

 

Weitere Einspielungen der Edition Lade an der historischen Behmann-Orgel (1927/28) der Stadtpfarrkirche St. Martin in Dornbirn
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